Ein Kunstprojekt der Superlative! Schwer zu sagen was mehr fasziniert, das gesprochene Wort, der Text des Autors, die feinen Phrasierungen oder die charismatischen Farbschattierungen der menschlichen Stimme? Musik und Kunst mit Musikern der Extraklasse! Jene neuen Ebenen erschaffen von einer Symbiose, die verbindet ohne zu binden, dem Zuhörer genug Raum und Freiheit lässt um eigene Bilder entstehen zu lassen...
Ein Abend der besonderen Art!
Buchung unter: tatjanaaton@yahoo.de
Dass Wort und Musik zueinander finden kommt häufiger vor. Seltener schon, dass die Musik dabei vor allem der Untermalung des Wortes dient. Bei dem der Veranstaltung am 12. Mai im Amadeus, (Landstraßer Hauptstr.) wäre es denn auch nicht sinnvoll, geschweige denn fair gewesen, festzulegen ob Wort oder Musik das künstlerische Primat des Abends innehaben. Die Worte wurden von Tatjana Aton gesprochen, und teils auch von ihr geschrieben.
Hauptsächlich aber las sie Lyrik von Rose Ausländer und Selma Meerbaum-Eisinger, zwei jüdischen Lyrikerinnen die unterschiedlicher kaum sein können. Zwar stammen beide aus Czernowitz und beide kommen auch in den tödlichen Malstrom des dritten Reichs. Doch Meerbaum-Eisinger kommt darin um, während Ausländer hoch betagt in Düsseldorf stirbt. Aton verschmilzt die Lyrik der Beiden mit ihren eigenen lyrischen und essayistischen Kurztexten zu einem poetischen Appell für humanes Empfinden. Musikalisch begleitet wird sie dabei von Jazz Altmeister Hans Salomon am Saxophon, und Heribert Kohlich am Piano.
Literatur & Jazz, so die Überschrift des Programms ist das nur bedingt. Lyrik & Jazzimprovisation trifft es schon eher. Das ist jedoch kein Manko, sondern eher als Plus zu werten. Denn spontane Interaktion zwischen den Akteuren ist somit eine Art (Grund)Regel des Abends. Es ist herrlich wenn Saxophon und Klavier die Atmosphäre eines Gedichtes aufnehmen und dem Zuhörer so die Gelegenheit geben, den durch die Worte entstandenen Gedanken und Gefühlen in Ruhe nach-zu-sinnen. Atons Vortrag, überzeugend auch durch ihr feines Gespür für Rhythmik und Phrasierung, ist bestens geeignet den Gedichten plastische Emotionalität zu geben. Zwischendurch klärt sie auch über Hintergründe und Zusammenhänge auf, gerade detailliert genug um den Kontext, in dem die Lyrik entstanden ist, erspüren zu können.
Zwischen den Texten von Ausländer und Meerbaum-Eisinger wirkten Atons eigene Texte jedoch mitunter ein wenig zu absichtsvoll direkt. Was bei den anderen zwischen den Zeilen steht, steht bei Aton bisweilen in den Zeilen. Auch das ist nicht notwendigerweise ein Nachteil, eher eine weitere Ebene im Kontrast. Der handfeste Nachteil des Abends war seine bedauernswerte Kürze.
Hannes Höttl
Kulturredakteur www.wohin-in-wien.at